Mittwoch, 12. April 2017

André Milewski: Die Totentafel

Quelle: Pixabay/ESD-SS
Wer mich und meinen Blog kennt, weiß, dass meine zweite Leseheimat die Lesecommunity Whatchareadin ist. Hier bin ich schon auf viele Buch-Affine und somit Gleichgesinnte gestoßen. Bei Whatchareadin tummeln sich nicht nur Leser sondern auch Autoren. Einer davon ist André Milewski. Wir sind uns virtuell schon häufiger in diversen Threads begegnet. Auf der Leipziger Buchmesse trafen wir uns dann live und in Farbe. Hier hatte ich das Vergnügen, Andrés aktuellen Thriller "Die Totentafel", den er kurz zuvor veröffentlicht hat, kennenzulernen. Und eines ist schon mal klar: aus diesem Lesestoff werden in Hollywood Filme gedreht.


„Die Totentafel“ ist ein Thriller, dessen Handlung uns nach New York führt, genauer: ins  Metropolitain Museum of Art, noch genauer: in die ägyptische Abteilung dieses Museums.

Der Einstiegsmord dieses Thrillers ist schon sehr spektakulär. Der Mörder hat sich  Anregungen für seine Tat scheinbar beim ägyptischen Totenkult gesucht. Der Tote ist ein Archäologe des Museums. Natürlich bleibt es nicht bei der einen Leiche. Die Aufklärung des Verbrechens übernimmt Detective Heather Rollins. Zusätzlich zu dem Kriminalfall macht André Milewski einen zweiten Handlungsstrang auf: Detective Heather hat sich von ihrem Mann und Kollegen David getrennt. Momentan steuern beide auf eine schmutzige Scheidung zu. Heather und ihr Noch-Ehemann tragen den Scheidungskrieg nicht nur vor Gericht aus. Der Konflikt überträgt sich auch auf ihre Arbeit, so dass aus ehemaligen Kollegen erbitterte Feinde geworden sind.
"Blut fehlte. Das war das Erste, was Heather auffiel, als sie am Tatort ankam. Eine dünne Schneeschicht bedeckte den Boden, der immer noch jungfräulich weiß schimmerte." (S. 7)
Der Thriller wird aus der Sicht von Heather erzählt. Kurzzeitig gibt es jedoch einen Wechsel in der Erzählperspektive. Und hier hat sich André Milewski ein besonderes Schmankerl einfallen lassen: Der Leser schlüpft in die Rolle des Täters und verfolgt dadurch dessen Gedankengänge oder nimmt teil an seinen Gesprächen. Trotzdem lässt sich nicht vorhersagen, wer der Täter ist. 

Die Handlung wird von einer permanenten unterschwelligen Spannung begleitet, die allein schon dem Szenario geschuldet ist: New York im Winter, die ägyptische Abteilung im Museum, die Exponate, allen voran der Nachbau eines Tempels und natürlich die Totentafel, die eine wichtige Rolle in diesem Thriller spielt. Bei einigen Schlüsselszenen und natürlich beim Wechsel der Erzählperspektive auf den Täter steigt die Spannung extrem an.
"Heather atmete tief durch, drehte sich von der Säule weg und stellte sich direkt in den Durchgang zum Tempel. Das Licht hatte mittlerweile ins Bläuliche gewechselt. Langsam schritt Heather weiter auf den kleinen Tempel zu, dessen Eingang tiefschwarz vor ihr lag. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust. Sie war sich nicht sicher, ob dort in der Dunkelheit des Tempels der Schütze lauerte oder ob dieser bereits geflüchtet war." (S. 226)
Die Aufklärung des Verbrechens erweist sich als echte Überraschung. Die subtilen Spuren, die André Milewski während der Handlung auslegt, führen den Leser auf etliche falsche Fährten, so dass man am Ende durch die Enthüllung des Mörders völlig überrumpelt wird. 

Ich habe einen Kritikpunkt der Rubrik „Jammern auf hohem Niveau“: Ich hätte mir gern ausführlichere Informationen über die Totentafel gewünscht, dem Artefakt, das eine wichtige Rolle in diesem Thriller spielt. Als alter „Indiana Jones“-Fan hätte ich mir ein sagenumwobenes Geheimnis um diese Tafel gewünscht. Im Ansatz ist dieses Geheimnis vorhanden, lässt allerdings für meinen Geschmack zu viel Raum für Spekulationen.

Fazit:
Ein sehr gelungener Thriller, der durch seinen Aufbau und den Spannungsbogen überzeugt. Die Handlung durchläuft vom Anfang bis zum Ende eine unterschwellige Spannung, die sich jedoch in gewissen Schlüsselszenen und dem Wechsel der Erzählperspektive ins Extreme steigert. Hinzu kommt der interessante Charakter der Heather Rollins. Hier hat sich der Autor viel Spielraum für weitere Thriller mit ihr gelassen, die er hoffentlich auch noch schreiben wird. 

© Renie


"Die Totentafel" von André Milewski (CreateSpace Independent Publishing Platform)
ISBN: 978-1543281651