Donnerstag, 26. Februar 2015

Bruno Apitz: Nackt unter Wölfen 1

Ein kleiner Junge wird von einem polnischen Häftling mit ins KZ Buchenwald geschmuggelt. Ein paar Männer verstecken ihn entgegen den Befehlen des illegalen Internationalen Lagerkomitees, als der Pole nach Bergen-Belsen verlegt wird. Das wäre das Todesurteil des Jungen gewesen.
Dieser kleine Junge bringt aber nun alle, die von ihm wissen, in Gefahr. Und der Kreis derer, die Bescheid wissen, wird immer größer. Pippig nimmt die Sache in die Hand. Kümmert sich; sogar Milch treibt er für den Kleinen auf.

Dann taucht ein Zettel auf, der in die falschen Hände gerät. Im Lager soll ein Kind versteckt sein. Höfel und Kropinski, die in der Effektenkammer arbeiten, werden aufs Schwerste gefoltert. Die Genossen, die sich im Geheimen treffen, überlegen, wie ihnen geholfen werden kann.
Die Effektenkammer bekommt einen Neuen. Als Ersatz für Höfel und Kropinski. Doch die Männer bekommen raus, dass dieser Wurach ein Zinker ist.
Und wieder ist es Pippig, der sich in Gefahr begeben muss. Versteckte Waffen müssen umgelagert werden.

Höfel und Kropinski befinden sich immer noch in Zelle Nr. 5. Höfel lag nach der Tortur mit der Leimzwinge mit hohem Fieber auf dem nasskalten Zementboden. Seine Peiniger stehen um ihn herum und horchen, ob er in seinem Fieberwahn seine Geheimnisse preisgibt.

Neue Häftlinge werden gesucht, aus denen man etwas herauspressen könnte: Rose, der vor Angst schlottert, und Pippig. Sie werden zur Gestapo gebracht, wo sie verhört werden sollen.

Die Befreier rücken immer näher. Aber schaffen sie es rechtzeitig? Ich fiebere mit ihnen mit. Wage mir nicht auszumalen, was nun mit Pippig geschieht. Oder mit Höfel, über den Reineboth gerade sagt:

Heb ihn und den Polen noch auf, die laufen uns nicht davon. Lass den Mandrill noch eine Weile mit ihnen spielen, vielleicht quetscht er doch noch was aus ihnen raus. Umlegen kann er sie am letzten Tage noch. Abgeschrieben sind sie ja bereits...

Mir kommen die Tränen bei so viel Menschenverachtung.

Plötzlich geistert das Wort "Evakuierung" herum. Was sollen die Genossen tun? 50.000 Menschen evakuieren lassen und damit unweigerlich in den Tod schicken? Diese Entscheidung muss das ILK treffen.

Pippig holten sie zum Verhör und Rose bleibt in der Zelle alleine zurück. Er erinnert sich an die ersten Jahre im Lager:

Den Graben hatten wir zuzuwerfen, das war unsere Arbeit. Wie harmlos das klingt! Haben Sie eine Ahnung! [...] Aber da gibt's noch Schlimmeres. Die verfluchte Scheißerei! Du möchtest dir die Hosen herunterreißen und an Ort und Stelle ... Das ist verboten. Du musst dich beim Posten abmelden und in den Wald gehen. Hahahaaa, in den Wald ... Das heißt: über die Postenkette, und wer da drübergeht, wird auf der Flucht erschossen. Nun scheiß mal ... Aber der Wanst will dir auseinanderplatzen! Im letzten Moment, wenn es schon in die Hosen abgehen will, ist dir alles egal. Scheißen ist notwendiger als sterben. Du lässt die Picke fallen, stolperst über den Erdhaufen zum Posten, die Sensenmesser zerschneiden dir den Rücken, zitternd ziehst du vor dem Knaben dein Krätzchen. "Häftling bittet austreten zu dürfen..."
Kauerst du dich nun zu nah bei dem nieder, dann springt er auf dich los, kracht dir den Kolben ins Kreuz: "Schwein! Willst du mir deinen Mist vor die Nase setzen?" Gehst du aber einen Meter zu weit, dann reißt er vielleicht den Karabiner an die Backe...

Der Führerstab trifft sich. Von Himmler kommt der Befehl:

In Anbetracht der Bedrohung Thüringens durch 3. Amerikanische Armee General Patton befehle ich: Mir unterstelltes Konzentrationslager Buchenwald ist zu evakuieren. Zeitpunkt und Durchführung der Aktion im Ermessen der Lagerführung.

Pippig hat die Folter nicht überlebt. Rose dagegen hat alles verraten. Aber wie durch ein Wunder war das Kind nicht mehr an der angegebenen Stelle.

Als der Gestapo-Mann im Lager Bescheid gibt, dass er mit der Kindergeschichte nichts mehr zu tun haben will und er "den übrigen Schrott nicht mehr bei sich sehen" wolle, erhält er eine Antwort, die mir das Blut in den Adern gefrieren lässt:

Selbstverständlich, Kamerad Gay, wir holen das Gelumpe wieder ab, ich schicke Transportwagen. Gewiss, den sanft Entschlafenen nehmen wir auch mit, der wird bei uns geräuchert.

Ich beende hier meine Aufzeichnungen und lege euch das Buch ans Herz.