Sonntag, 25. August 2013

Stefanie Zweig: Neubeginn in der Rothschildallee

"Unser erster Sonntag daheim", sagte Betsy Sternberg.
Was ihr dieser Satz bedeutet, mag nur wissen, wer die ersten drei Bücher der "Rothschildallee" gelesen hat.
Das Ehepaar Betsy und Johann Isidor Sternberg haben die Kaiserzeit erlebt, den Ersten Weltkrieg, in dem sie nicht nur ihren Sohn Otto verloren haben, sondern Johann Isidor auch seine Illusionen darüber, dass sie als Juden in Deutschland anerkannt sind. Und dann der Zweite Weltkrieg, als die Familie auseinandergerissen wurde. Und nun die Nachkriegszeit.
Sie sind nicht alle wieder beisammen. Da sind Betsy, die Theresienstadt überlebt hat (ihr Mann, eine Tochter und einen Enkelsohn haben es nicht geschafft), Anna und ihre Familie, Fanny und ihr Vater. Ein Lebenszeichen haben sie auch schon von Alice aus Südafrika erhalten.
Und nun verleben sie den ersten Sonntag in der alten Wohnung in ihrer Rothschildallee Nr. 9.
Am 20. Juni 1948 wurde die Deutsche Mark eingeführt und es gab wieder vieles zu kaufen. Zumindest für die, die Arbeit und Geld hatten.
Aus heiterem Himmel schneien Erwin, Clara und Claudette in die Rothschildallee, die noch rechtzeitig vor den Nazis nach Palästina hatten fliehen können.
Fritz der die letzte Zeit als Richter in Frankfurt tätig war, lässt sich nun als Rechtsanwalt nieder. Und Fanny, die in der Schule so unglücklich ist, darf von dort abgehen und beim Vater arbeiten.
Auch Erwin findet Arbeit. Im Amerikahaus wird er stellvertretender Büchereileiter. Und auch die Liebe hält Einzug in die Rothschildallee. Fritz und Clara hat es erwischt.
Eines Tages stolpert Erwin über einen Zeitungsartikel. Darin geht es um Hausangestellte, die in den 30er-Jahren so lange wie möglich bei den jüdischen Familien in Stellung geblieben sind. Dieser Artikel führt in ein städtisches Altersheim in Frankfurt. Und Erwin erkannte auf dem kleinen undeutlichen Bild sofort seine Josepha. Köchin, nein, mehr noch, Familienmitglied der Sternbergs.
Und so verläuft die Zeit weiter. Theodor Heuss wird Bundespräsident, Adenauer durch seine eigene Stimme Bundeskanzler.
Fritz hat die Sitte von Johann Isidor übernommen, an Rosch haschanah zum Gottesdienst in die Synagoge im Baumweg zu gehen und einen Fremden mitzubringen, der den Tag nicht in einer jüdischen Familie verbringen kann.
Hans aus Montevideo war in der Stadt, um seine Entschädigungsansprüche anzumelden. Aus folgenden Briefen an seine Eltern erfahren wir, dass er wohl öfter bei der Familie Sternberg zu Gast ist...

Den Rest des Buches werde ich jetzt lesen, ohne darüber zu berichten. Für etwaige Leser möchte ich nicht alles vorwegnehmen. Nur so viel: Stefanie Zweig hat uns eine wundervolle Familiengeschichte geschenkt.